Wie so
vielen Menschen ist es auch mir wichtig, Kleidung zu tragen, die mir gefällt
und in der ich mich wohlfühle. Da ich mich häufig in der aktuellen Mode nicht
wiedergefunden habe, habe ich „damals“ relativ viel Zeit dafür aufgewendet, das
Richtige für mich zu finden. Dabei hatte ich schon immer den Traum, mir meine
Kleider selbst nähen zu können, allerdings bin ich nie mit einer Nähmaschine in
Berührung gekommen und in meinem Kopf gab es das Bild, dass man das Nähen
„gelernt“ haben muss, sonst kann man es eh nicht.
Ich kann
mich erinnern, dass ich beim Lesen von Anastasias Beschreibung eines passenden
Kleides für eine Frau beim Kennenlernen eines Mannes gedacht habe, dass das
genau eines nach meinem Geschmack wäre. Aber wo soll man sowas finden?! Ist ja
schließlich gerade nicht in Mode…
Als ich
meinen Familienlandsitz bezog, rückte das Thema Mode erstmal in den Hintergrund
– es gab so viel anderes zu lernen und zu entdecken, unsere Kleidung musste hier
in erster Linie praktisch sein und dreckig werden können. Mein Traum vom Nähen war allerdings die ganze
Zeit lebendig, vor allem, da ich hier die Muße hatte, darüber nachzudenken, was
mir wirklich gut tut. Ich habe über die Bedeutung des Rockes für die Frau in
der wedischen Kultur gelesen, muss jedoch sagen, dass ich einen langen Rock auf
dem Landsitz recht unpraktisch finde: Beim Arbeiten im Garten breitet sich eine
störende Stoffblume um einen herum aus , sobald man in die Hocke geht, steht
der Hund auf dem Saum, beim Weiterlaufen steht man dann ohne Rock da und beim
Spazieren durch eine natürliche Blumenwiese zerren die anhänglichen Vertreter
der Flora am Stoff oder man verwickelt sich in Ästen, außerdem wird der
weitschwingende Rock schnell zum unfreiwilligen Krabbeltiertaxi, ganz zu
schweigen von Bienen oder Wespen, die sich unter den Stoff verirren und sich
den Weg freistechen müssen. Schon
früher, aber auf dem Familienlandsitz erst recht, träumte ich von bequemen,
leichten Stoffhosen, die genau auf meine Größe zugeschnitten sind, ich sammelte
schon lange Bilder und auch Schnittmuster von Modellen, die mir gefallen,
eigens dafür gekaufter Stoff lag schon mehr als ein Jahr bereit und meine
Schwiegermutter schenkte mir eine Nähmaschine, die ich lange schüchtern beäugte.
Letztes Jahr nahm mich dann meine Nachbarin an die Hand und sprang mit mir über
die letzte Hürde und mitten hinein in die konkrete Umsetzung: Meine erste
Traumhose nahm konkrete Gestalt an! Ich war extrem glücklich und absolut
fasziniert!
Hier hab ich nicht die Jeans sondern das Oberteil genäht! 🙂
Seitdem nähe ich „wie verrückt“ und durfte dabei viel lernen. Nicht
nur über das Nähen an sich, ich wurde auch feinfühliger, was die Energien
angeht, welche in die Gestaltung meiner Kleidungsstücke mit einfließt.
Mittlerweile achte ich darauf, dass ich mich nur noch mit guten Gedanken und
lichter Absicht an die Nähmaschine setze. Auch was den Stoff angeht bin ich sensibler
geworden: Am liebsten verwende ich Materialien, die ich von meiner Familie
bekommen habe, beispielsweise aussortierte Hemden meines Vaters oder Laken von
meiner Oma. Diese Stoffe, von mir verarbeitet, ergeben für mich das perfekte
Kleidungsstück: etwas, dass mir wirklich gefällt, passt, in dem meine
schöpferische Absicht und die Energie meiner Ahnen steckt! Ich wertschätze
meine selbst genähten Kleider viel mehr, sie werden gehegt und gepflegt und
sind mir fast zu heilig zum Anziehen. Ich fühle mich jedes Mal ‚besonders‘ in
ihnen, fasziniert davon, dass ich selbst Schöpferin eines Alltagsgegenstandes
bin. Das mag etwas albern klingen, aber genau so ist es: besonders wir
Deutschen haben bisher gelernt, dass wir für alles einen Schein haben müssen,
um etwas zu können. Ich hatte keinen „Nähschein“ und die Erfahrung, etwas
„trotzdem“ zu können hat für mich auch nach acht Jahren „learning by doing“
noch immer etwas Faszinierendes, jede dieser Erfahrungen bringen uns ein Stück
mehr in unsere Souveränität als göttliche Schöpfer.
Sieht so aus, als hättest du noch keine Wahl getroffen.